"NO NEWS - Bücher-verbrennung 4.0"

Kunst-Intervention von Winfried Muthesius und Texte der pics4peaceYOUNGSTERS gegen Extremismus, für die Freiheit des Wortes
Eine Veranstaltung des pics4peace e.V. in Kooperation mit der Stadt Frankfurt am Main, am 10.10.2018, 17.00 bis 20.00 Uhr, gefördert durch die Robert Bosch Stiftung.

An der Stelle, an der 1933 als „undeutsch“ gebrandmarkte Bücher von Studenten verbrannt wurden, am Römerplatz in Frankfurt, zersägt Muthesius sein GOLDEN FIELD  in Buch-große Teile und verbrennt sie. Währenddessen lesen junge Erwachsenen Texte, die sie angesichts der Herausforderungen unserer Zeit, 1933 im Blick und perspektivische Gedanken im Kopf, erarbeitet haben.

Muthesius´ Kunstaktion ist symbolisch stark aufgeladen. Er trägt das Bild vom Römer auf den Platz. Das riesige Bild wiegt über 40 Kilogramm. Das Tragen kostet Anstrengung. Es  erinnert an die Anstrengung der Autoren, die vor 1933 Bücher oder Artikel geschrieben haben, mit Inhalten, die nicht ins Konzept der Nationalsozialisten passten. Bücher wie die, die auf dem Römerplatz 1933 verbrannt wurden. Dann stellt Muthesius das GOLDEN FIELD in eine Vorrichtung, direkt dort, wo die Stadt Frankfurt an die Bücherverbrennung mit einer in den Boden eingelassenen Bronze-Plakette erinnert. Der Künstler nimmt den Besen und säubert gleichsam rituell den Bereich rings um das Bild herum.


Währenddessen lesen Jugendliche langsam und eindrücklich: "Tatort Bibliothek. Tatort Universität. Tatort am Römer.1933. Studenten stürmen Stadtbüchereien, Schulen, Unibibliotheken.  Studenten. Studenten wie wir. Die Stimmung ist aufgeheizt. Der Eifer groß. Das Vorgehen radikal. Brutal. …. ."  Es sind Texte, die sie mit pics4peace für diesen Anlass erarbeitet haben.

Der Künstler packt nun seine Kettensäge aus und zerstört das an Vollkommenheit erinnernde Bild. Der kreischende Lärm des Motorensäge erinnert an die lärmende, teilweise jubelnde Menge der 15.000 Menschen, die gekommen waren, um die Bücherverbrennung wie ein Jahrmarktereignis mitzuerleben. Die Rede des evangelischen Studentenpfarrers endete mit einem umjubelten „Heil“ aller auf das „deutsche Volk“ und auf Adolf Hitler.

Am Ende bleiben rechteckige, Buch-große Teile. Das Gold auf den Holzstücken ist noch zu sehen. Es ist Sinnbild für die Wahrheiten und Erkenntnisse, die die Autoren in ihren Werken veröffentlicht hatten, bevor sie verbrannt wurden.
Wieder beginnen die jungen Leute ihre Texte vorzutragen. Diesmal geht es um das Heute. Auch  heute werden Wahrheiten und Erkenntnisse vernichtet, ausgeblendet, manipuliert. Die Bücherverbrennung 4.0 trägt ein neues Kleid. Und sie findet vorwiegend nicht auf Straßen und Plätzen statt, sondern schwerpunktmäßig im Netz.

Der Künstler unterdessen schichtet Buch-Stück für Buch-Stück in eine Schale. Wie damals wird der Stapel angezündet. Alle sehen zu, wie  das funkelnde Gold zu Asche verfällt. Die Stimmen der Jugend mahnen und fordern. Die Inhalte für die Texte wurden von unterschiedlichen Gruppen der pics4peaceYOUNGSTERS in verschiedenen Workshops erarbeitet.

Für die Aktion dramaturgisch zusammengefasst wurden die Ergebnisse als Kondensat von Pia Beckmann in Kooperation mit den drei Vortragenden: Anna, 17, Tobias, 17, und Max, 22. Sie lesen mit verteilten Rollen, wie es damals bei der Bücherverbrennung 1933 vorgeschrieben war. Es gab eine Dramaturgie, die die Nationalsozialisten angeordnet hatten. Die Dramaturgie heute, die Texte von jungen Menschen langsam, eindringlich und ruhig vorgetragen, der Vergleich von dem, was damals passiert ist, mit dem, was heute wieder erlebbar ist, lassen Parallelen erkennen und wecken Emotionen. Das Bekenntnis „ICH WILL“ am Ende fordert dazu auf, einzustimmen und mitzumachen, sich gegen Extremismus zu engagieren. Insbesondere, da es von jungen Menschen kommt, mit Stimmen der Unschuld, die Krieg und Hunger nicht kennen und ihr Recht auf eine Zukunft in Demokratie, Frieden und Freiheit einfordern.