Am 16. Oktober 2025 lud das Museum im Kulturspeicher Würzburg zum Künstlergespräch mit Winfried Muthesius ein. Seine Arbeit „1.000 Odysseen“, derzeit an den Außenfenstern und Eingangsbereichen des MiK zu sehen, fordert den zweiten Blick: Fotografien von Schuhen, getragen auf gefährlichen Wegen zwischen Afrika und Europa. Stille Spuren vom Unterwegssein – von Hoffnung, Verlust und Ankommen.
Das Gespräch eröffnete Museumsdirektor Dr. Marcus-Andrew Hurttig gemeinsam mit dem Künstler. Muthesius sprach über seinen künstlerischen Weg – von der Ölmalerei über pittura oscura bis hin zur Fotografie. Er betonte, dass seine Werke keine spontanen Schnappschüsse sind, sondern sorgfältig geplante Kompositionen. Für ihn ist Fotografie ein malerischer Prozess: Struktur, Textur und Form werden bewusst inszeniert, ohne das Motiv selbst zu verändern.
Im zweiten Teil des Abends brachte Dr. Pia Beckmann, Gründerin von pics4peace und Initiatorin des Projekts #endlichankommen, Teilnehmende der Reihe „1.000 Erfahrungen“ ins Gespräch. Sie erzählten, was Ankommen für sie bedeutet – sehr persönlich, manchmal überraschend und oft politisch.
Eine Frau berichtete, dass sie seit 55 Jahren in Würzburg lebt, sich aber erst seit einem Jahr wirklich angekommen fühlt: seitdem sie die Freiheit hat, zwischen Deutschland und der Türkei wählen zu können. Eine Lehrerin sprach von Kindern, die nie wirklich ankommen, weil sie mit der ständigen Angst vor Abschiebung leben. Eine andere Teilnehmerin, die Menschen am Ende ihres Lebens begleitet, erzählte von der berührenden Begegnung mit einer Frau, die kurz vor ihrem Tod sagte: „Jetzt bin ich endlich angekommen.“
Das Publikum war zahlreich erschienen und beteiligte sich intensiv an der Diskussion. Für Muthesius war dies ein besonderer Moment: die Verbindung zwischen Kunst und gelebter Erfahrung. Auch Dr. Hurttig hob hervor, dass das MiK genau diesen Raum schaffen wolle – einen Ort der Begegnung, des Austauschs und der Verständigung.
Darum geht es auch im Projekt #endlichankommen: Menschen ins Gespräch zu bringen, Sorgen und Hoffnungen sichtbar zu machen, Begegnungen zu schaffen, die im Alltag nicht entstehen würden. Kunst wird dabei zum Gedankenöffner, der vorurteilsfreien Austausch ermöglicht. Unterschiedlichkeit soll nicht trennen, sondern als Chance verstanden werden.
Die Fotografien aus „1.000 Odysseen“ sind noch bis 2. November 2025 am Museum im Kulturspeicher zu sehen.
Mehr Geschichten und Stimmen aus dem Projekt findet ihr in unserer Reihe #endlichankommen auf der Website: www.endlichankommen.info
Reinhören lohnt sich auch im Podcast von pics4peace, wo viele Teilnehmende ihre Erfahrungen noch ausführlicher teilen.